Der freie Markt

Während im Osten Deutschlands noch staatliche Sozialplaner über Löhne und Preise entschieden, führte der Westen 1948 die Soziale Marktwirtschaft ein. Das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage von Millionen freier Bürger sollte in einem Ordnungsrahmen und unter dem Schutz von Arbeitnehmerrechten über Produktion und Konsum sowie Löhne und Preise bestimmen. Ein Erfolgsrezept!

Für Ludwig Erhard galt: „Je freier eine Wirtschaft; desto sozialer ist sie auch“

Mit dem deutschen Wirtschaftswunder entstand „Wir-Gefühl“:
Wir bauten alle unser gemeinsames Land auf und sangen mit Geyer-Sturzflug:

„Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt;
wir vermehren das Bruttosozialprodukt“
Löhne stiegen. Alle hatten Arbeit.

Wo ist dieser Traum der Sozialen Marktwirtschaft geblieben? Die gute Nachricht:

Es ist kein Mangelproblem:

– Mit heutigem Lebensstandard unter Hartz IV war man in 1953 Gutverdiener.
– Es fehlt auch nicht an Arbeit: Unsere Industrie sucht händeringend Fachkräfte.
– Und „die da oben“ sind heute nicht mehr und nicht weniger gierig als damals.

Wir sind Opfer unseres eigenen Erfolges:

Marktwirtschaft ist diejenige Ordnung, mit der sich im Konkurrenzkampf der Ideen die effizienteste Produktionsweise und Arbeitsteilung durchsetzt:

– Ein Baggerfahrer ersetzt 20 Arbeiter mit Schaufel und Schubkarre.
– Eine Fabrik mit Billigarbeit in Indonesien ersetzt 2.000 Textilarbeiter in Deutschland.
– Höhere Produktivität ermöglicht mehr Konsum und steigert unsere Ansprüche.

Um Soziale Marktwirtschaft zu erneuern, zunächst ein Rückblick:

Wir haben ein Motivationsproblem.

Der Markt garantiert keine existenzsichernden Löhne. Sie sind nichts anderes als Indikatoren der Knappheit eines Gutes oder einer Leistung. Sie steuern Produktion und Arbeitseinsatz. Für die Betroffenen aber sind Löhne Lebensgrundlage. Als es mit technischem Fortschritt und Globalisierung manche keine Arbeit mehr finden konnten, um davon angemessen zu leben, zahlte der Staat Lohnersatz:

Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe.

Man wartete auf einen Job, der möglichst genauso viel einbrachte wie der vorige. Einige schafften es mit höherer Qualifizierung. Weil aber der Marktlohn für einfache Arbeit mit technischem Fortschritt und Globalisierung weiter sank, wurde das schwieriger. Lohnersatz wurde für immer längere Zeiten, z.T. bis zu vier Jahren geleistet.

Aus Sozialer Marktwirtschaft wurde soziale Absicherung gegen den Markt. Ergebnis:

Dreißig Jahre lang erhöhten Wirtschaftspolitiker die Nachfrage durch kreditfinanzierte Ausgaben und türmten dazu immer höhere Schuldenberge auf. Bildungspolitiker bauten Universitäten; Abiturienten- und Hochschulabsolventenzahlen schnellten hoch. Unsere duale Ausbildung wurde weltweit zum Vorbild.

Unsere Wirtschaftsleistung hatte sich von 1960 bis 2000 verdreifacht.
Aber trotz aller Politiker-Versprechen wurden wir zum „kranken Mann Europas“.
Statt 150.000 in 1960 hatten wir fast 5,0 Millionen Arbeitslose:

Es fehlte Motivation.

Niemand will bei Löhnen arbeiten, die mit Maschinen oder Arbeit in Asien konkurrieren, wenn das Existenzminimum auch ohne Arbeit gesichert ist.

Die Wende brachte Sozialpolitik. Unter Hartz IV konnte auf existenzsicherndes Einkommen nur rechnen, wer bereit war auch schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen:

Zwangsmotivation

Gerhard Schröder verlor darüber die Mehrheit. Die Reform aber blieb: Die Arbeitsnachfrage richtete sich auf das günstige Arbeitsangebot ein. Angela Merkel musste nur abwarten, bis ihr die Früchte der Reform in den Schoß fielen:

In 15 Jahren sank die Zahl der Arbeitslosen auf weniger als die Hälfte.

„Das ist die natürliche Arbeitslosigkeit“, für einige ein Alibi für Nichthandeln.

„Natürliche Arbeitslosigkeit“ aber ist definiert als diejenige Arbeitslosigkeit, die sich durch konjunkturelle Maßnahmen nicht weiter senken lässt. Sie ist ein Unterbeschäftigungsgleichgewicht zwischen der von Globalisierung und technischem Fortschritt geprägten Arbeitsnachfrage einerseits und dem von sozialer Absicherung abhängigen Arbeitsangebot der Erwerbsfähigen andererseits.

Die „natürliche Arbeitslosigkeit“ lag um 1970 bei 200.000 und dürfte unter heutigen Rahmenbedingungen bei gut zwei Millionen liegen.

Was macht unsere Regierung des Fortschritts?

Der Größe der Aufgabe ist sich die Rot-grün-gelbe Regierung durchaus bewusst:

–   Corona-Schäden beheben
–   Digitalisierung vorantreiben
–   Energiewende organisieren – in Deutschland – und weltweit durchsetzen
–   Zerbrechende Lieferketten ersetzen
–   Deutschlands neue Wehrhaftigkeit aufbauen
–   Ukraine-Aufbau in einem sich einigenden Europa finanzieren
Vor uns liegen also gewaltige Umbrüche. Was ist zu erwarten?

Das bisher weltweit optimierte Gleichgewicht ist zerstört. Produktionen stocken. Preise steigen.
Der gewohnte Lebensstandard wird sinken. Ausgleichszahlungen sollen das abfedern.

Hunderttausende werden nach neuen Aufgaben suchen.
Viele werden keine Arbeit finden, deren Lohn sie für angemessen halten.

Das Vertrauen in unsere Soziale Marktwirtschaft zerfällt schon seit Jahrzehnten, weil wir erwarten, was sie bisher nicht leisten kann. So vertrauen in der FDP Wirtschaftsliberale dem Markt und erwarten, dass letztlich alle davon partizipieren. Sozialliberale hingegen sehen dessen Schwächen, versuchen sie auszugleichen und mindern so wieder die Kraft des Marktes. Und dieser Widerspruch zieht sich mit unterschiedlichen Gewichtungen durch alle Parteien. 

So wird nun wieder reflexartig umverteilt, um Belastungen abzufedern, finanziert durch hunderte Milliarden neuer Schulden zu Lasten der nächsten Generationen. Es steht zu erwarten, dass sich mit Digitalisierung und Energiewende wiederholt, was wir zwischen 1970 und 2004 erlebten: Der Staat greift in die Preisbildung bei Wohnungsmieten und in die Lohnverhandlungen der Tarifpartner ein. Die Anhebung der Mindestlöhne wird alle anderen Löhne vor sich her treiben. Um das zu bremsen, wurde selbst Karl Schillers 1967 misslungener Versuch einer „konzertierten Aktion der Tarifpartner“, gerade von Olaf Scholz kopiert.

Wiederholt sich nun alles?

Die 22 %-ige Anhebung der Mindestlöhne wird alle anderen Löhne vor sich her treiben.  Folgen:

Inflation

wachsende Sozialleistungen

ansteigendes Unterbeschäftigungsgleichgewicht

stufenweise mehr Arbeitslosigkeit

Damals dauerte es mehr als drei Jahrzehnte, bis wir zur Besinnung kamen. Vom Bundestag ist kaum zu erwarten, dass er kurzfristig eine durchgreifende Sozialreform angeht. Bisher könnte sich davon kein Politiker kurzfristigen Gewinn versprechen. Selbst Marktwirtschaftler glauben ja, wir müssten nur zurück zu Ludwig Erhard. 

Aber es gibt kein einfaches Zurück.

Das ökonomische Gleichgewicht hat sich verändert. Mit Umverteilungen lässt sich Motivation nicht schaffen und ist auch das Gleichgewicht nicht zu reparieren. Denn sozial ist nicht, diejenigen angemessen zu alimentieren, die am Markt scheitern.

Dieses Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft ist zu erneuern. Dazu gilt:

Leistung muss sich lohnen – und zwar für alle.

Versuchen wir einen erster Schritt mit dem Aktivierendes Bürgergeld! 

Oder betrachten wir einige Teilelemente. Sie zeigen, wie schwierig es ist:

Bei den Klima-Folgen des Wohnens verzettelt sich unsere Regierung  im Namen vermeintlicher Gerechtigkeit in einem bürokratischen Wirrwarr der Umverteilung von Lasten zwischen Mietern und Vermietern bei der CO2-Abgabe:

Und statt Kinder zur Aktivierung ihrer Fähigkeiten versucht sie die nicht motivierten durch Geld ruhig zu stellen: Kindergrundsicherung fördert Kinderarmut

Aber verantwortungsvolle Sozialpolitik setzt in jedem Falle auch verantwortliches Handeln voraus bei der Migration:

Kurzfristigen Erfolg kann die Überwindung des überholten Alterskonzeptes aus Kaiser Wilhelms Zeiten bringen. Ohne Reform lässt sich der in wenigen Jahren drohende Kollaps des Bundeshaushaltes nicht vermeiden: Rentenpolitik