In 1960 wuchsen nach heutigen Maßstäben die meisten Kinder in absoluter Armut auf. Denn auch mit zwei gut verdienende Eltern lag der Lebensstandard einer vierköpfigen Familie unter dem heutigen Sozialhilfeniveau. Aber diese Kinder lernten zu Hause, dass Leistung sich lohnt. Trotz elterlicher Armut entwickelten sie ihre Chancen. Mit der Summe ihrer Leistungen bauten sie unser Land auf.
Die Erfolgschancen unserer Kinder hängen also weniger vom verfügbaren Geld ab, sondern vor allem von den Vorbildern, mit denen sie leben.
Kinder lernen von den Eltern. Der Staat kann das nicht ersetzen.
Ob Kinder geboren werden oder nicht, bestimmen auch die Eltern.
Eine Gesellschaft freier Bürger kann dafür nur den Handlungsrahmen setzen.
Denn Kinder werden geboren, wenn der Kinderwunsch verantwortungsbewusster Eltern größer ist als deren Furcht vor zu erwartenden finanziellen Belastungen.
Untersuchen wir die Wirkungen unserer sozialen Sicherung für verschiedene Situationen:
Arbeitsloses Paar
Will ein seit lange arbeitsloses Paar in kurzer Folge z.B. vier Kindern das Leben schenken, bestimmt sich der Lebensstandard durch Bürgergeld und Wohngeld plus in 2023:
Ohne Kind: 1.700 Euro = +/- 00
mit 1 Kind: 2.140 Euro = +/- 00
mit 2 Kindern: 2.560 Euro = +/- 00
mit 3 Kindern: 2.990 Euro = +/- 00
mit 4 Kindern: 3.430 Euro = +/- 00
Diese Beträge sind die Summe der vom Bundestag beschlossen Unterhalsregelsätze zuzüglich der vom Jobcenter einer mittleren Großstadt ersetzten Kosten für Wohnen und Energie.
Sie gelten als sozioökonomisches Existenzminimum.
Wenn sie bescheiden bleibt, kann die Familie damit durchaus zurechtkommen. Bei besonderen Belastungen können beim Jobcenter zudem Beihilfen beantragt werden.
Sollte ein Partner mit Gelegenheitsarbeit an der Steuer vorbei einiges dazuverdienen, liegen sie weit über dem Existenzminimum.
Offizielle Arbeitsangebote wird er dazu allerdings vermeiden müssen.
Paare ohne besondere Karriereambitionen oder Verdienstchancen können sich also jeden Kinderwunsch ohne zusätzliche finanzielle Einschränkungen erfüllen.
Paar, ein Partner verdient 2.000 Euro brutto
Ohne Kind: 2.010 Euro = + 310 Euro über Existenzminimum
mit 1 Kind: 2.470 Euro = + 330 Euro
mit 2 Kindern: 2.890 Euro = + 330 Euro
mit 3 Kindern: 3.320 Euro = + 330 Euro
mit 4 Kindern: 3.760 Euro = + 330 Euro
Die Familie hat bei 2.000 Euro Erwerbseinkommen etwas mehr finanziellen Spielraum als ohne Arbeit.
Auch diese Familie kann sich Kinderwünsche ohne Einschränkung ihres bisherigen Lebensstandards erfüllen.
Für Schwarzarbeit dürfte aber kaum Zeit bleiben.
Aussicht auf deutliche Wohlstandsmehrung besteht nicht.
Halbiert der Partner seinen Einsatz auf 1.000 Euro brutto, sinkt das Familieneinkommen nur um 40 Euro.
Weiterbildung oder höhere Leistungen lohnen für Aufstocker nicht.
Paar, ein Partner verdient 3.000 Euro brutto
Verdient der Partner anfangs 3.000 Euro brutto, ist das Paar allerdings zunächst nicht hilfebedürftig. Das monatliche Nettoerwerbseinkommen beträgt dann:
Ohne Kind: 2.160 Euro = + 460 Euro über Existenzminimum
mit 1 Kind: 2.410 Euro = + 270 Euro
mit 2 Kindern: 2.660 Euro = + 100 Euro
mit 3 Kindern: 3.910 Euro = – 90 Euro
mit 4 Kindern: 3.160 Euro = – 270 Euro
Ohne Kind geht es den beiden recht gut. Aber bereits mit dem ersten Kind liegt ihr Netto 50 Euro unter dem Niveau eines entsprechenden Aufstockerhaushaltes. Und mit jedem weiteren Kind sinkt das Wohlstandsniveau weiter.
Familien, die vorgesorgt haben, werden ihren Kinderwunsch so lange und so weit zurückstellen, dass diese Verluste sie nicht oder nicht mehr treffen.
Alleinstehende Arbeitslose
Bisher gingen wir vom traditionellen Familienbild aus. Was geschieht, wenn sich Väter ihrer Verantwortung entziehen? Wie wird sich eine Frau entscheiden, die ihre Kinder allein erziehen möchte? Das ohne Erwerbseinkommen verfügbare Transfereinkommen beträgt dann:
Ohne Kind: 1.080 Euro
mit 1 Kind: 1.720 Euro + 180 Euro Alleinerziehendenzuschlag
mit 2 Kindern: 2.150 Euro + 180 Euro Alleinerziehendenzuschlag
mit 3 Kindern: 2.590 Euro + 180 Euro Alleinerziehendenzuschlag
mit 4 Kindern: 3.400 Euro + 200 Euro Alleinerziehendenzuschlag
Mit dem Alleinerziehendenzuschlag hat die Mutter zwar mehr als das Existenzminimum. Ist sie wirklich allein, dürfte dieser Zuschlag aber rasch aufgebraucht und das Leben mit erheblichem Stress belastet sein. Anders sieht es aus, wenn sie sich mit Gleichgesinnten zusammentun oder Verwandte ihr helfen.
Welche Anreize liefert unser Sozialsystem?
Frauen mit erheblichem Ehrgeiz und beruflichen Erfolgsaussichten werden ihren Kinderwunsch so lange zurückstellen bzw. soweit eischränken, bis sie oder ihr Partner so viel erreicht haben, dass die zu erwartende Wohlstandsminderung sie nicht mehr in Armut drücken kann.
Dem Kinderwunsch ohne Einschränkung nachgehen können jedoch Frauen, die davon keinen Schaden für ihre Karriere erwarten, weil sie entweder antriebslos oder ohne Erfolgsaussichten auf dem Arbeitsmarkt sind oder beides und die damit weitgehend von staatlichen Transferleistungen leben.
Dies Modell ist so attraktiv, dass Paare aus Nigeria zu uns wandern, um hier sorgenfrei ihre Kinder aufziehen zu können. Der Grund für hohe Kinderarmut ist also:
Unter prekären Lebensverhältnissen werden mehr Kinder geboren als in leistungsorientierten wohlhabenden Familien.
Die Kinder hilfebedürftiger Familien lernen außerdem zu Hause:
– Leistung lohnt nicht.
– Weiterbildung steigert Wohlstand nicht.
– Der Staat wird für euch sorgen; ihr müsst es nur einfordern.
Die Folge: Sechs Prozent Schulabbrecher in Deutschland. Es ist schon fast ein Wunder, wie viele Kinder trotz dieser Erfahrungen den Aufstieg schaffen und zugleich ein Beweis für die Leistung vieler unserer Kindergärten und Schulen.
Die Gefahr aber bleibt, dass demotivierende Erfahrungen in die nächste Generation getragen werden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt belasten.
Ein bescheidenes Element enthält das neue Bürgergeld tatsächlich schon. Bisher wurden beim Arbeitslosengeld II die Einkünfte von im Haushalt lebenden Kindern wie zusätzliche Familieneinkommen behandelt. Damit erfuhren Jugendliche bisher, dass sich Arbeit nicht nur für die Eltern sondern auch für sie selbst nicht lohnte.
Mit dem Bürgergeld können Schüler und Studenten nun bis zu 520 Euro Zuverdienst ungeschmälert für sich behalten. Das ist wenigstens eine positive Erfahrung.
Was ändert eine Kindergrundsicherung?
Eltern in prekären Verhältnissen erhalten dabei zusätzliche Mittel für jedes ihrer Kinder.
Sofern dies pauschaler Ersatz für Zuschüsse ist, die man schon jetzt beantragen kann, ist es ein weiteres Signal, dass unsere Gesellschaft keine eigenen Leistungen erwartet.
Ihr müsst staatliche Zuschüsse nicht einmal beantragen.
Der Staat hat eine „Bringschuld“.
Sind sie das nicht, so erhalten Mütter in prekären Verhältnissen einen zusätzlichen Anreiz den Kinderwunsch möglichen beruflichen Anstrengungen vorzuziehen, während Besserverdienende die Mehrkosten mit Steuerzahlungen finanzieren müssen.
Die „Kindergrundsicherung“ fördert langfristig also Kinderarmut statt sie zu stoppen, weil sie die Zahl der in armen Haushalten aufwachsenden Kinder erhöht.
Wer die Zukunftschancen unserer Kinder verbessern will, muss das Sozialsystem so austarieren, dass verantwortlich handelnde Eltern gestärkt werden.